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Studie „Bürgerkompetenz Rechnen“

Deutschland fällt durch

Die Stiftung Rechnen (www.stiftungrechnen.de) hat heute eine repräsentative Studie zur Mathematikkompetenz der erwachsenen Deutschen vorgestellt. Das Fazit: Viele Deutsche haben leider erhebliche Defizite, was Mathematik angeht. Und dabei stand gerade die Mathematik mit Alltagsbezug im Mittelpunkt. Wie kann das sein und was können wir dagegen tun? Ein Erklärungsversuch.

Motivation der Studie

Für Schülerinnen und Schüler gibt es seit der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 repräsentative Studien zur Mathematikkompetenz. Die internationale Auslegung dieser Studie zeigt auch die Kompetenzen deutscher Schüler im internationalen Vergleich. Doch wie sieht es aus mit den Fähigkeiten der Erwachsenen? Hierzu gab es bislang keine repräsentativen Untersuchungen. Die Studie „Bürgerkompetenz Rechnen“ hat das nun geändert.

Im Auftrag der Stiftung Rechnen und in Kooperation mit der Wochenzeitung Die ZEIT, der forsa, der Universitäten Halle-Wittenberg und des Saarlandes wurden erwachsene Deutsche zu ihrer mathematischen Kompetenz in Alltagssituationen befragt.

Ablauf und Inhalt

In den vergangenen Monaten wurden deutschlandweit mehr als 1.000 Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren befragt. (Mehr zu den Fragen und Antworten gibt es unten.) Die insgesamt 30 Fragen wurden bewusst so ausgelegt, dass sie mathematische Fähigkeiten mit Alltagsbezug abfragen. Es ging also nicht um mathematische Feinheiten, denen man im Unterricht mal begegnet ist, sondern um konkrete Problemstellungen des täglichen Lebens.

So konnte gewährleistet werden, dass Wissen und Fähigkeiten in der Studie abgefragt wurden, mit denen jeder im Alltag konfrontiert wird. Die Aufgaben drehten sich beispielsweise um die Rentabilität von Kühlschränken, den Bedarf an Farbe, um einen Raum neu zu streichen oder ganz simpel darum, wie viel Wechselgeld man zurückbekommt, wenn man an der Supermarktkasse seinen Einkauf von 14,53 € mit einem 20 €-Schein bezahlt.

Die Ergebnisse

Eine Erkenntnis der Stiftung Rechnen lautet:

„Die Ergebnisse zeigen deutliche Defizite der Deutschen beim Rechnen im Alltag. Der Mangel an Rechen-Fitness bedeutet einen Verlust von Lebensqualität.“

Das ist schade – aber für viele nicht so richtig überraschend. Warum sollten wir uns trotzdem darüber Gedanken machen?

Die Auswirkungen

Egal, ob man Mathe nun mag oder nicht – das Beherrschen von grundlegenden mathematischen Kompetenzen ist für den Alltag einfach unabdingbar. Wer will sich schon gerne über den Tisch ziehen lassen? Und das Problem liegt oft nicht darin, dass das Wissen nicht vorhanden ist, sondern dass es nicht auf die jeweilige Situation angewandt werden kann. Doch wie kommt das?

Jeder lernt in der Schule, wie man Subtrahiert, Multipliziert und Addiert. Warum können viele Deutsche trotzdem nicht berechnen, wie viel Farbe für einen Raum mit 6 x 5 x 2,50 m benötigt werden? Das Problem liegt offenbar – zumindest teilweise – in der Herangehensweise. Sobald die Probanden merken, dass ihnen jetzt eine eventuell schwierige Mathe-Aufgabe bevorsteht, können sie die einfachsten Prinzipien des Denkens nicht mehr anwenden.

Ein Beispiel: Eine Aufgabe in zwei Verpackungen

Das ist natürlich eine gewagte These, wird aber durch die Ergebnisse der Studie durchaus unterstützt. Die Erfinder der Testaufgaben haben mehrere Aufgaben, bei denen die gleichen Rechnungen durchzuführen waren (sogar mit den gleichen Zahlen!), in zwei verschiedenen Varianten in den Test eingebracht. Eine Variante war knapp formuliert, in der zweiten Variante war der Text zur Aufgabe etwas ausführlicher. Und schon zeigen sich signifikante Unterschiede bei der Lösung:

Konnte die knapper formulierte Aufgabe noch von ca. 87 % richtig gelöst werden konnte, gab es bei der nur etwas länger dargestellten Aufgabe nur noch 82 % richtige Antworten. Zur Erinnerung: Die durchzuführende Rechnung war bei beiden Aufgaben gleich – und zwar gleich einfach. (Unsere Angaben beziehen sich auf die Aufgaben 11 und 20 des Mathe-Tests.)

Das Fazit

Wir Deutsche lassen uns offensichtlich besonders einfach davon abbringen, ganz leichte mathematische Fragestellungen richtig zu beantworten. Eine oder zwei Zeilen Text führen schon dazu, dass wir nicht mehr wissen, was eigentlich zu tun ist. Und da scheint das Problem zu liegen: Aus eine Alltagssituation eine Rechenaufgabe abzuleiten, also die vorliegenden Informationen zu filtern und richtig zu nutzen, fällt uns schwer.

„Das im Mathematikunterricht Gelernte können viele im alltäglichen Leben nicht anwenden und damit auch nicht nutzen. Grafiken und Verbraucherinformationen werden nicht verstanden; zu viel Text führt zu Verwirrung oder Verweigerung. Zu vielen Deutschen mangelt es an räumlichem Vorstellungsvermögen und an der Fähigkeit, Plausibilitäten von Ergebnissen einzuschätzen.“ (Stiftung Rechnen)

Wir möchten aber niemanden entmutigen. Im Gegenteil: Eigentlich sagt die Studie, dass wir rechnen könnten. Wir tun es nur nicht. Und lassen uns gern von etwas Text demotivieren. Aber das können wir ändern. Das sollten wir auch.

Mathe-Test selbst machen

Sie möchten Ihre Mathe-Kompetenz testen? Dann können Sie hier den Test aus der Studie selbst machen!

Mathe-Test bei der Stiftung Rechnen

Mathe-Test bei DIE ZEIT

Die Aufgaben finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe von DIE ZEIT.

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